Was ist Lichtverschmutzung? Und kann Außenbeleuchtung ein Problem sein?
Neben konkreten Artenschutzprojekten hat sich der Verein Artenschutz von Rhön bis Rhein auch zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zur Bekämpfung der Lichtverschmutzung zu leisten.
Der Einsatz von Kunstlicht im Außenbereich ist zwar bis zu einem gewissen Grad nützlich, kann jedoch auch erhebliche negative Auswirkungen haben, insbesondere wenn es unnötig, falsch oder im Übermaß eingesetzt wird. Anders als andere Umweltauswirkungen wurde künstliches Licht lange Zeit als positive Errungenschaft betrachtet, obwohl es bereits im Bundesimmissionsschutzgesetz als schädliche Umwelteinwirkung anerkannt und mit Lärm- und Luftverschmutzung gleichgestellt ist. Für Anwohner sind Grenzwerte in der Immissionsrichtlinie festgelegt.
Zahlreiche heimische Arten sind dämmerungs- und nachtaktiv, darunter auch viele streng geschützte Arten. Aufgrund der weitreichenden negativen Auswirkungen auf die Tierwelt und insbesondere Insekten sind Begrenzungen nächtlicher Lichtimmissionen seit 2021 Bestandteil des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG). Der Schutz der Lebewesen vor Beleuchtung wurde auch in der Neufassung des BNatSchG mit dem Ziel der Vermeidung verankert. Die rechtliche Einordnung zur Neufassung des BNatSchG: https://www.biosphaerenreservat-rhoen.de/service/newsarchiv/detailseite/schutz-der-nacht-wird-pflichtaufgabe-aenderung-des-bundesnaturschutzgesetzes-bestaetigt-arbeit-im-ste
Als Lichtverschmutzung wird dabei jede nachteilige Auswirkung bezeichnet, die durch den Einsatz künstlicher Lichtquellen während der Nacht entsteht. Dazu zählen unter anderem die Aufhellung der direkten Umgebung, die künstliche Aufhellung von Lebensstätten wie Bäume und Hecken, Grünflächen, Gewässern und des Nachthimmels sowie Blendwirkungen und nachbarschaftliche Störungen.
Lichtverschmutzung entsteht fast ausschließlich dort, wo Menschen siedeln. Sie ist längst nicht mehr auf städtische Gebiete beschränkt. Auch im ländlichen Raum tragen unnötige, überdimensionierte und falsch installierte oder konstruierte Leuchten sowie durch die günstige LED-Beleuchtung zunehmend Deko-Licht zur Lichtverschmutzung bei. Licht von unzähligen Lichtquellen und reflektierenden Flächen wie angestrahlten Gebäuden oder beleuchteten Fahrbahnen trifft auf Wolken und Partikel in der Atmosphäre. Dies führt einerseits zu einem unnatürlich hellen Himmel über den Siedlungen, der heller als eine Vollmondnacht sein kann. Dadurch verlieren Tiere ihre Lebensstätten und in den Siedlungen wie auch außerhalb steigt das Prädationsrisiko. Andererseits wird das Licht durch die Reflexion an Wolken weit über die Siedlungsgrenzen hinaus gestreut, sodass auch entlegene Gebiete ohne direkte künstliche Beleuchtung von Lichtverschmutzung betroffen sind.
Lichtverschmutzung hat nachweislich negative und oft fatale Auswirkungen auf natürliche Ökosysteme. Der Einsatz von künstlichem Licht verschlingt zudem Ressourcen wie Kunststoff (Erdöl) und Energie, belastet in Form der Straßenbeleuchtung kommunale Haushalte und lässt das faszinierende Naturereignis eines Sternenhimmels verblassen.
Sammlung der Auswirkungen auf die Arten: https://naturnacht-fulda-rhoen.de/ressourcen/sammlung-auswirkungen-von-kunstlicht-bei-nacht/
Die Politik hat reagiert und im seit Juni 2023 in Kraft getretenen Hessischen Naturschutzgesetz (HENatG) wurde mit § 4 der Schutz der Lebewesen vor Beleuchtung explizit als eine der Zielbestimmungen des Gesetzes verankert. Nach § 35 HeNatG soll zum Schutz nachtaktiver Tierarten, insbesondere von Insekten, jede Form der vermeidbaren Beleuchtung durch künstliches Licht vermieden werden. In der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Wiederherstellung der Natur vom 24.06.24 wird von den Mitgliedstaaten die Reduktion der Lichtverschmutzung in sämtlichen Ökosystemen gefordert.
Die am 18.12.24 beschlossene Nationale Biodiversitätsstrategie 2030 sieht eine drastische Reduzierung des nächtlichen Kunstlichteinsatzes vor, wonach die Zunahme der künstlichen Beleuchtung bis 2030 und der Verlust biologischer Vielfalt durch künstliche Beleuchtung auf ein Minimum reduziert wird und der Anteil der Landesfläche gesteigert wird, welcher für natürlich dunkle Nachtlandschaften gesichert wird.
Artenschutz ist jedoch eine Verantwortung, die uns alle betrifft. Lichtverschmutzung kann nur in Siedlungen reduziert werden – daher liegt an uns Menschen, ob wir beim Thema Kunstlicht Maß halten können.
Was ist weniger insektenschädliche Beleuchtung?
1. Nur kein Licht ist insektenfreundlich - daher: Künstliche Beleuchtung nur, wenn unbedingt notwendig.
2. Geringe Lichtmenge.
3. Leuchtdauer beschränken – besonders von Mai bis August! Da es dann auch spät dunkel wird, sollte möglichst ganz auf Licht verzichtet werden.
4. Kein Streulicht: nur das beleuchten, was unbedingt beleuchtet werden muss, mit vollabgeschirmten Leuchten.
5. Keine großen hellen Flächenleuchten - keine hellen Leuchtwerbeflächen.
6. Geringe Lichtpunkthöhen: Leuchten strahlen damit wenig in die Umgebung.
7. Dichte geschlossene Leuchtengehäuse ab der Schutzklasse IP65 verwenden.
8. Warmweiße Lichtfarben ohne Ultraviolett- und mit geringen Blauanteilen.
9. Keine flackernden Lichtquellen.
Viele umfassende Informationen finden Sie auch auf folgenden Websiten:
Biosphärenreservat Rhön: Kunstlicht und Lichtverschmutzung - Übersicht
https://www.biosphaerenreservat-rhoen.de/natur/sternenpark-rhoen/kunstlicht-und-lichtverschmutzung
Biosphärenreservat Rhön: Rücksichtsvolle Beleuchtung - Öffentlicher Raum, Straßenbeleuchtung, Auslegung der DIN-Norm, rechtliche Handlungsmöglichkeiten, Umweltverträglichere Außenbeleuchtung Vorgaben, Beleuchtungsrichtlinien, Bauleitplanung
https://www.biosphaerenreservat-rhoen.de/natur/sternenpark-rhoen/ruecksichtsvolle-beleuchtung
Biosphärenreservat Rhön: Anwendungsspezifische Planungshilfen - Haus, Gewerbe, Parkplatz, Straßenbeleuchtung, Kirche, Sportstätten
https://www.biosphaerenreservat-rhoen.de/sternenpark-rhoen/planungshilfen
IHK Prädikat #lichtbewusstsein der IHK Fulda für Unternehmen, die ihre Außenbeleuchtung abschalten oder insektenfreundlicher gestalten:
Im Hessischen Netzwerk gegen Lichtverschmutzung finden Engagierte via offenem E-Mailverteiler eine Möglichkeit zum Austausch und zur Unterstützung.
Die Seite bietet auch viele Informationen https://www.lichtverschmutzung-hessen.de/
Darunter finden Sie auch:
Vorteile und Studien zur Nachtabschaltung der Straßenbeleuchtung:
https://www.lichtverschmutzung-hessen.de/Nachtabschaltung/Nachtabschaltung_und_Unbehagen
Sowie:
Auslegungshilfe des Hessischen Naturschutzgesetzes, Rechtliche Fragestellungen zu öffentlicher Beleuchtung, Veranstaltungen mit reduzierter Lichtverschmutzung, Planungshilfen u.a.:
https://www.lichtverschmutzung-hessen.de/info/fachinformationen-und-planungshilfen
Weitere Infoseite:
https://naturnacht-fulda-rhoen.de/
Wichtige Ressourcen (u.a.: Auswirkungen von Kunstlicht, Studien, Rechtliche Fragestellungen öffentliche Beleuchtung, Auslegungshilfe HeNatG. Kunstlicht bei Veranstaltungen, Flutlicht und Umrüstungen, Photobiologie und Augensicherheit) :
https://naturnacht-fulda-rhoen.de/ressourcen/
Darunter finden Sie auch:
Nachtabschaltung der öffentlichen Beleuchtung:
https://naturnacht-fulda-rhoen.de/ressourcen/nachtabschaltung-oeffentliche-beleuchtung/
Lichttechnische Begriffe einfach erklärt: https://naturnacht-fulda-rhoen.de/ressourcen/lichttechnische-begriffe-einfach-erklart/
Bundesamt für Naturschutz (BfN) Heft Ausgabe 9/10: Wissenschaftliche Artikel über Lichtverschmutzung:
https://bfn.bsz-bw.de/solrsearch/index/search/searchtype/collection/id/20081
Wissenschaftliche Artikel auf Englisch zum Thema Kunstlicht und Lichtverschmutzung:
https://royalsocietypublishing.org/action/doSearch?AllField=light+pollution