Sind Glühwürmchen erst verschwunden, seit die Sommerzeit eingeführt wurde?
Für viele Menschen ist es eine großartige Kindheitserinnerung, wenn man in lauen Sommernächten auf dem Heimweg Glühwürmchen tanzend durch die Dunkelheit hat fliegen sehen.
Doch sieht man sie heutzutage selten, darüber wird jedes Jahr um diese Zeit mit Wehmut berichtet. Liegt es vielleicht an unserer Wahrnehmung? Denn durch die 1980 eingeführte Sommerzeit wird es im Juni und Juli, wenn Glühwürmchen fliegen, leider erst so spät dunkel, dass die meisten Menschen in ihrem Alltag gar nicht die Gelegenheit haben, Glühwürmchen wahrzunehmen und sie so aus unserem Gedächtnis verschwinden.
Doch zeigen professionelle Zählungen eindeutig, dass ihr Bestand abnimmt. Das hat viele Ursachen, und alle sind menschengemacht; darunter Lebensstättenverlust und der Einsatz von Giften. Sie sind auf Lebensräume und Strukturen wie lichte Waldränder, Gärten mit Gebüschen und Hecken, feuchte Wiesen und Parks angewiesen. Doch insbesondere als nachtaktive Lebewesen sind sie auf natürliche Dunkelheit angewiesen. Künstliche Beleuchtung stellt dabei eine der gravierendsten Veränderungen ihrer Lebensräume dar.
Ein geheimnisvolles Liebeslicht - was hat es mit dem Leuchten auf sich?
Glühwürmchen sind eigentlich Käfer, die fast ihr ganzes Leben als Larve verbringen. Drei Jahre verbringen sie in diesem Entwicklungszustand und ernähren sich dabei u.a. von Nacktschnecken, die sie mit einem giftigen Biss töten. Ihr Gift macht sie auch Fressfeinden gegenüber unattraktiv. Nach der Verpuppungszeit beginnt im Juni und Juli der letzte Lebensabschnitt, der einzig der Hochzeit dient. Flugfähig sind nur die Männchen, die Weibchen bleiben am Boden und sitzen etwas erhöht, zum Beispiel auf einem Grashalm. Sie leuchten beide mit ihren Hinterteilen, weil sie ihren Leuchtstoff Luziferin mit Hilfe von Sauerstoff zum Leuchten bringen. Sie leuchten aber vor allem, um sich gegenseitig zu finden. Es ist ein Liebeslicht zur Hochzeitsnacht! Und diese dauert genüsslich bis zu 90 Minuten – danach erlischt das Liebeslicht und das Leben. Aber der Nachwuchs ist gesichert.
Eigentlich – denn unter Kunstlichteinfluss können sie sich nicht finden oder die Paarung wird enorm erschwert. Je mehr Kunstlicht in der Umgebung leuchtet, umso geringer die Chance, dass das Männchen das Leuchten des Weibchens überhaupt wahrnimmt. Er wird fehlgeleitet und die Dame wartet umsonst mit ihrem Liebeslicht. Glühwürmchen: Was unser Licht mit ihrem Sex zu tun hat | MDR.DE
Wunderschöne Videos von fliegenden Glühwürmchen im Wald stellt Carl Herzog aus Idstein auf seiner Webseite zur Verfügung: https://www.carl-herzog.de/wetter/nachtaktive-tiere.htm
Wir können nicht alle Verschlechterungen beeinflussen und es wäre zwar wünschenswert aber würde kaum helfen, sich der Sommerzeit zu entledigen. Einwirken können wir aber beim Einsatz nächtliches Kunstlicht im Freien und jeder kann seinen Beitrag leisten – rund ums Haus, im Garten und zu späten Stunden auf den Straßen: Licht aus, Glühwürmchen an!
Tipp: Wer im späten Herbst in der Nacht durch Wälder läuft, wird sich wundern, dass er es hier und da im Boden leuchten sieht – das ist die nächste Generation, denn die Larven können auch schwach leuchten, was vermutlich der Abschreckung dient.